Armut in der Schweiz wird weiter sichtbar!

Liebe Leserin
Lieber Leser

Fast zwei Monate nach dem letzten Newsletter hat sich die Situation weiter zugespitzt!

Gerade letzte Woche konnten wir in 20 Minuten lesen, dass eine Frau auf Facebook um Essen bitten musste.

Warum fragen wir uns, in einem Land, das für seinen Wohlstand und auch im Ernstfall solide Absicherung über die Arbeitslosenkasse bekannt ist? Hier wird das Ausmaß des jahrelangen Abbauprozesses sicht- und für die Betroffenen spürbar. Die Frau aus dem Artikel, Alex, erhielt über einen längeren Zeitraum kein Arbeitslosengeld und wurde „kreativ“, um ihre Versorgung mit dem Notwendigsten, Nahrungsmittel, sicherzustellen. Mit viel Glück verfügt man noch über einen Teilzeitjob, andere Einkünfte, Ersparnisse oder ist gezwungen einen Kredit aufzunehmen bzw. sich im persönlichen Umfeld Geld zu borgen, um zumindest die laufenden Rechnungen zu begleichen.

Die Arbeitslosenkassen berufen sich aktuell in Bezug auf die Verzögerungen, auf die Antragsflut infolge der Corona-Pandemie. Normalerweise, so die Behörden, dauere die Überprüfung ca. einen Monat. Häufig auch länger, aufgrund fehlender oder unvollständiger Unterlagen. Die momentane Antragsflut sowie die beschränkten Ressourcen werden jetzt für die Betroffenen existenziell spürbar, wenn sie Wochen oder gar Monate auf eine Rückmeldung zu ihrem Antrag oder das Geld warten müssen. Ich glaube gerne, dass es schwierig ist, kurzfristig neues, qualifiziertes Personal zu finden. Aber wäre es in einer solchen Situation nicht angebracht, die komplexen Strukturen aufzubrechen und verhältnismäßig unbürokratisch schnellstmöglich Hilfe zu leisten? Standardprozesse müssen in solchen Ausnahmesituationen angepasst und verkürzt werden.

In den meisten Fällen sind Personen aus (prekären) Arbeitsverhältnissen betroffen (Kurzarbeit, Niedriglohnsektor, Zeitarbeit), wo es nahezu unmöglich ist, Rücklagen zu bilden oder sich anderweitig für Notfälle abzusichern. Es ist ihnen nicht möglich, kurz- bis mittelfristige finanzielle Durststrecken ohne staatliche Unterstützung zu überbrücken. Hier reden wir jedoch nicht von finanziellen Totalausfällen, sondern nur von Einnahmeeinbußen. Eine kaputte Waschmaschine kann oftmals nicht ohne Ratenzahlung ersetzt werden. Versuchen Sie sich nun einmal in die Lage zu versetzen, wie es für eine solche Person oder Familie ist, auf einmal keine Einkünfte mehr zu haben. Gerade für diese ist die Verlässlichkeit der Arbeitslosenkassen von enormer Bedeutung.

Leider hat sich, wie bereits gesagt, seit dem letzten Newsletter die Situation nicht wirklich verbessert, sondern weiter zugespitzt. Dank der großen Solidarität, die wir alle die letzten Wochen erfahren durften, kann auch Personen in solchen Notlagen geholfen werden. Vielen Dank an alle die täglich mit kleinen und großen Gesten, Spenden und Taten unterstützen!

In der Sommersession habe ich mich mit meiner Stimme dafür stark gemacht, dass der Ordnungsantrag zur Coronaunterstützung für Selbstständige und KMU mit der Weiterführung des Lohnersatzes angenommen wird. Dies ist, wie Sie den Medien entnehmen konnten, leider gescheitert. Aufgrund desssen haben, auf Initiative der SP, 64 ParlamentarierInnen eine Zusatzsession verlangt. Das Geschäft ist hängig. Mit der Nicht-Verlängerung der Erwerbsausfallbeiträge hat der Bundesrat g sich der Bevölkerung weder loyal noch vertrauenswürdig gezeigt. Seit dem 1. Juni können nun keine Entschädigungen mehr bezogen werden. Eine Lösung für Härtefälle wird momentan geprüft.

Die langfristen Folgen des Lockdowns sind gerade für KMU und Selbstständige noch nicht absehbar, eine zweite Welle nicht ausgeschlossen und die aktuelle Marktlage, vorsichtig ausgedrückt, unsicher. Voraussichtlich werden die Arbeitslosenzahlen und Zahlen von Personen in Kurzarbeit bestehen bleiben, wenn nicht minimal steigen. Das gesamte Ausmaß ist aktuell einfach (noch) nicht absehbar.

Das obere Beispiel zeigt deutlich die verzwickte Lage zwischen Arbeitnehmenden, die unverschuldet in Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit fallen, von staatlichen Leistungen abhängig sind, welche jedoch stark verzögert erfolgen und die Menschen in existenzielle Nöte bringen.

In unserer Verfassung ist ein würdevolles Leben verankert, halten wir uns daran! Die aktuelle Situation vielerorts ist einem Land wie der Schweiz, mit humanitärer Tradition, nicht würdig!

Wir als Verein für soziale Gerechtigkeit setzen uns dafür ein, über Erwerbslosigkeit, Ausgrenzung und soziale Anliegen in der Öffentlichkeit zu informieren. Vielen Menschen ist es nicht bewusst, dass es auch in der Schweiz Armut gibt. Wir helfen bei der Meinungsbildung über Armut und sozialen Abstieg und zeigen die Probleme und Herausforderungen auch aus der Sicht von Betroffenen auf.

Für unsere Arbeit sind wir auf Ihre Mitgliederbeiträge und Spenden angewiesen. Mit einer Spende von beispielsweise CHF 40.00 ist es uns möglich, über Facebook Anzeigen zu schalten und auf unsere Arbeit aufmerksam zu machen.

Ich wünsche Ihnen von Herzen eine schöne und vor allem gesund Sommerzeit und bleiben Sie solidarisch,
Ihre
Yvonne Feri

PS: Teilen Sie unseren Newsletter gerne auf Social Media oder per Mail mit FreundInnen und Bekannten. Jede Unterstützung zählt!

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